illusio HUMANA – EIN ZEITREISETHEATER – 2013

Christoph Schwager

Heubühne Härkingen

Anzahl Vorstellungen: 17
Premiere: 30.08.2013

Informationen zu der Produktion

Die Vorstellung, dass die Zeit nicht gradlinig verläuft, hat die Fantasie der Menschen schon immer beflügelt. Zahllose Bücher und Filme spielen mit dem Gedanken, die Grenzen von Zeit und Raum zu sprengen.

 Auch die Gäuer Spielleute haben sich vom Thema inspirieren lassen. In ihrem Zeitreisetheater mit dem Titel «illusio humana» ziehen sie alle Register.

Witzig und abwechslungsreich

Autor und Regisseur Christoph Schwager schickt die Spielleute in der berückenden Atmosphäre der Heubühne Lochmatten von Cécile und Bernhard Jäggi (Härkingen) auf eine Reise in die Vergangenheit und in die Zukunft. Das mehrstöckige, von Szene zu Szene liebevoll umgestaltete Bühnenbild (Bruno Leuenberger) unter dem grossen Scheunendach versetzt die Zuschauerinnen und Zuschauer in verschiedene Zeitalter. Aufwendige Kostüme (Margrith Hänggi) setzten visuelle Akzente. Die Protagonistinnen und Protagonisten agieren souverän. «Illusio humana», das ist gewissermassen «Back to the Future» auf der Heubühne. Ein Zeitreisetheater, gewürzt mit einer zünftigen Prise Komik. Unterhaltsam und abwechslungsreich zugleich.

In «illusio humana», diesem Stück, das Christoph Schwager für die Gäuer Spielleute geschrieben hat, entwickelt der Physiker Professor Doktor Julius C. Hürlimann (Thomas Wyss) eine Maschine, mit der man die Zeit bereisen kann. Claire Engel (Carina Bührer), die sich für das Unerklärliche interessiert, steigt bereitwillig ein. Auch wenn die Zeitmaschine nicht gerade futuristisch wirkt, eben so wenig wie der Rückkehrhelm.

Unter dem Porträt von Albert Einstein spediert der eigenwillige Professor Claire per Knopfdruck in eine frivole Römerzeit, beschert ihr eine Begegnung mit Giacomo Casanova, verwickelt sie in einen Hexenprozess oder schickt sie in eine beängstigend sterile Zukunft.

Vom Jugendlichen bis zum Senior

Die Inszenierung erfreut durch solide Laienschauspielkunst. Christoph Schwager versteht es, ein grosses Ensemble von Spielleuten aller Altersklassen vom Jugendlichen bis zum Senior gemeinsam auf die Bühne zu bringen und zu einer homogenen Darbietung zu vereinen. Dass ein Grossteil der Spielleute nicht zum ersten Mal im Rampenlicht steht und einzelne schon Kurse an Schwagers Theaterinstitut genossen haben, ist spürbar.

An den Tasten sorgt Shanky Wyser gekonnt dafür, dass sich das Publikum musikalisch von einer Zeitebene in die andere getragen fühlt. Die Musik untermalt atmosphärisch dicht die wechselnden emotionalen Stimmungen der Figuren und das Ambiente der verschiedenen Zeitalter.

Die Damen von Soleure

Jede der Zeitebenen, in welche der zerstreute Professor Claire Engel schickt, wäre erwähnenswert. Besonders hübsch ist aber das Szenario «Casanova in Soleure». Auch hier wurde an Aufwand für die Ausstattung nicht gespart: Üppige Kleider, gepuderte Perücken und höfische Musik versetzen einen ins 18. Jahrhundert, wo die Damen durchaus zugänglich wären für den Charme Casanovas (Michael Feuz). Doch der hat nur Augen für die schöne, junge Madame von Roll (Murielle Kälin), deren bebender Körper ihre abweisenden Worte Lügen straft.

Den Laienschauspielerinnen und -schauspielern gelingt es, Mimik und Körperhaltung gezielt einzusetzen. Ohne viele Worte wird klar, dass hier nur noch die Form gewahrt wird, während es hinter der perfekten Fassade brodelt. Schön inszeniert ist auch das Heraustreten der Dialogpaare aus der Choreografie des höfischen Tanzes.

«Aus der Vergangenheit lernen»

Ein Defekt der Zeitmaschine katapultiert Claire am Ende in die Zukunft: Eine Zeit, in der es keine Kindheit mehr gibt, ureigene menschliche Bedürfnisse eliminiert und Emotionen auf Knopfdruck ausgelöst werden. Hier in der Zukunft bleibt der Professor mehr oder minder freiwillig zurück. Ein Physiker, der seine Zeitmaschine gebaut hat in der Hoffnung, dass die Menschen aus der Vergangenheit lernen, auch wenn die Geschichte das Gegenteil beweist.

Bilder der Produktion